Zitat von
Helge
Sorry, aber das klingt für mich nicht sehr verlockend. Da kann man genauso gut diskutieren, was eine "schöne Frau" ausmacht. Aber da ich ein paar Gedanken dazu schon mal an anderer Stelle zusammengestellt hatte, kann ich diese hier mehr oder weniger hineinkopieren:
Ich stelle sowohl bei meinen eigenen Bemühungen als auch bei vielen im Netz gezeigten Bildern immer wieder fest, dass auf dem Weg zu guten Bildern zunächst einmal eine Schlüsselerkenntnis erforderlich ist: Man kann nicht einfach das was einem beim Sehen gefällt auf ein Bild bannen, indem man den Auslöser drückt.
Sehr viele Bilder entstehen doch so: Man sieht etwas, das einem gefällt, nimmt die Kamera, richtet sie auf das Motiv aus, stellt vielleicht noch irgendwas ein und drückt ab. Hinterher am Monitor wundert man sich, dass es doch nicht so ganz an den Eindruck rankommt, den man hatte, dreht daher vielleicht noch etwas Schärfe und Farbsättigung hoch, damit das Bild mehr Effekt macht und ist dann halbwegs zufrieden. In Wirklichkeit ist man aber zufrieden mit seiner Erinnerung an das gesehene Bild und ein fremder Betrachter, der das "Original" nicht kennt, fragt sich nur, was das denn für ein langweiliger Pixelhaufen ist.
Natürlich haben solche "Erinnerungsbilder" ihre Berechtigung - solange man sie dafür einsetzt wofür sie gedacht sind und nicht arme Verwandte bei Diaabenden damit belästigt oder sie veröffentlicht. Aber wenn man Bilder machen will, die für das Betrachten durch andere Personen gedacht sind, dann muss man sich ein Stück weit von der eigenen Empfindung lösen und allgemeingültige Maßstäbe mit einfließen lassen.
Ein Bach in verschneiter Lanschaft bei Sonnenschein kann ein wunderschöner Eindruck sein. Leider kann man die frische Luft, die Stille, das leise Glucksen des Wassers, die flirrenden Reflexe, das Prickeln der Kälte auf der Haut, die Einsamkeit, die Stimmung, das Panorama, das man im Rücken weiß und den Geruch des Schnees nicht mit aufs Bild bannen. Will man einen Betrachter, der all dies nicht erlebt hat, dennoch für das Bild begeistern, muss man für all dies (oder zumindest einen Teil davon) irgendwelche Äquivalente in der Bildsprache finden. Dabei wird man dann schnell an seine gestalterische Grenzen stoßen und sich ein paar Gedanken machen müssen.
Umgekehrt muss man all das aus der Bildkomposition entfernen, das man selbst beim Betrachten unbewusst ausblendet, der Betrachter des Fotos aber vielleicht nicht. Autos, die in der Gegend herumstehen, aber auch z.B. auffällige Strukturen im unscharfen Hintergrund von Makros sind da ein beliebtes Thema.
Ebenso wird man an technische Grenzen stoßen, sobald man versucht, die extremen Kontraste, Blickwinkel oder Schärfenbereiche, mit denen das menschliche Auge noch umgehen kann, auf einen Chip zu bannen. Manches davon kann man mit besserer Ausrüstung und bewusstem Umgang mit dieser bewältigen, manches verlangt aber einfach die Einsicht, dass es Fotos gibt, die man zwar sehen aber nicht machen kann.
Mein Fazit: Beim Vorbereiten, Knipsen und Nachbearbeiten eines Bildes jenseits persönlicher Erinnerungsfotos sollte man sich von seiner subjektiven Sichtweise lösen und so häufig wie möglich an einen fremden Betrachter denken und sich fragen: Was interessiert diesen fremden Betrachter, was interessiert ihn nicht, womit kann ich ihn auf das lenken, das ich ihm zeigen will, wie kann ich das ausblenden was er nicht sehen soll. Auf diese Weise kann man eigentlich relativ schnell von unbrauchbaren zu brauchbaren Bildern kommen und als angenehmen Nebeneffekt hat man weniger Arbeit mit dem Archivieren weil man öfter mal den Finger vor dem Abdrücken wieder vom Auslöser nimmt und stattdessen das "nicht fotografierbare" Bild nur genießt anstatt es in die Kamera quetschen zu wollen.
Und brauchbare Bilder anstatt Pixelhaufen, das ist schon mal ein großer Schritt.
Wie man ein richtig guter Fotograf wird, das weiß ich leider auch nicht, aber wenn es ein Patentrezept dafür gäbe, wäre die Fotografie ja keine Kunst.