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Canon nFD 1.2/85mm L Blendenprobleme..
Ein User schickte mir sein kürzlich erworbenes Objektiv mit der Bitte es umzubauen.
Vorab bekam ich einige PMs mit Fragen, wie er die Blendenfunktion des Objektivs kontrollieren könnte. Ich sandte ihm diese mal von mir beschriebene Vorgehensweise für die FD und nFD Objektivtypen als Link zurück...
http://www.digicamclub.de/showthread.php?t=15650
Trotz dieser Lektüre bekam er die Blende nicht zu Gesicht..
Ich dachte (er möge es mir verzeihen).. man kann sich doch gar nicht so "tüffelig" anstellen, mit ein wenig Überlegung die Blende entweder an der Kamera, mit einem FD Adapter auf irgendwas, mit einem "abgesägten" Deckel oder durch niederdrücken zweier PINs und drehen des Inlet die normale Verriegelungsposition des Objektiv an der Kamera zu simulieren.. eigentlich ein Kinderspiel.
Da er es ohnehin umgebaut haben wollte und ich eigentlich noch mit keinem FD oder nFD Objektiv Probleme mit einer verölten oder nicht funktionierenden Blende hatte, ging ich davon aus, dass sich spätestens bei Ankunft das Ganze dann locker prüfen läßt und ich ihm Bilder von der funktionierenden Blende schicke...
So erreichte mich das Objektiv in einem sehr guten Zustand.
Ein riesiger Glasbaustein, der da kam und eine echte Augenweide.
Da ich im Moment eigentlich nicht allzu viel Zeit für die Bastelei habe, gleichzeitig aber durch die derzeitige Fertigung des NEX Fokussiersystems für V-Objektive auf professionellen CNC Maschinen eingebunden bin und gegebenenfalls noch ein zusätzliches Bauteil für die Rücklinsenfassung des 85er fertigen lassen müsste, ließ ich mich aber trotzdem dazu hinreissen, den Umbau anzunehmen. Ob das eine gute Idee war, wird sich noch zeigen.
Nach Ankunft des Objektivs testete ich die Blendenfunktion.. auf die bekannten Arten..
Nix rührte sich.. :shocking:
Was war hier los?
Zunächst einmal schickte ich eine PM an den Besitzer, in dem ich seine Beobachtung bestätigen musste.. trotz aller bekannten Methoden, die Blende sichtbar zu machen.. rührte sich die Blende überhaupt nicht.
Also fragte ich nach, wie ich weiter damit verfahren sollte und was er für das Objektiv bezahlt hat (Risikoabschätzung vor dem Umbau) und auch die Überlegung abzuhandeln, es gegebenenfalls an den Besitzer zurückgeben. Oder ob er doch diesen Umbau, trotz der Beobachtung, durchführen lassen möchte. Rücksendungsoption deshalb, weil ich den Verkäufer seines Objektivs nicht kannte und wenn der Kauf rückabgewickelt werden sollte, dann wird das Objektiv ungeöffnet zurückgesandt.
Bei einem Umbau wird man ja sehen, worin das Problem besteht und kann es reparieren, so der dahinterstehende Gedanke für die Entscheidung des Besitzers, das Objektiv zu behalten und den Umbau anzugehen.
Soviel zur Vorgeschichte........
Nach dem Abschrauben des nFD Mounts und der Demontage einiger Teile, stellte sich folgendes heraus:
Jedes mir bekannte FD oder nFD Objektiv (ausser den großen Teleobjektiven) verfügt über eine Steuerkurve, mit der die Öffnung der Blende in Abhänigkeit von der Einstellung am Blendenring über ein Drehgelenk/Gelenkwippe/Umsetzer im Inneren verändert wird...
Hierzu einige Bilder zum besseren Verständnis der Erklärungen.
Ich zeige hier mal die Zusammenhänge (Bilder von einem anderen Objektiv, aber die meisten Objektive der FD Reihe besitzen die gleiche "Mimik")
1. der schwarze PIN des Steuernocken/der Umlenkung, der sich an die Steuerkurve "anschmiegt"..
2. die Steuerkurvenplatte.. das ist der umlaufende und ungleichförmig geschnittene Ring, an dem sich auch die "Gabel" für den Hebel im abgenommenen nFD "Rückdeckel" befindet (hier im Bild nicht zu sehen)
3. der Seegerring.. ein bronzefarbener Sicherungsring, der die Steuerkurvenplatte in seiner Position fixiert/an seinem Ort hält.
Bild #1
Anhang 17980
Im Normalfall schmiegt sich dieser unter Federspannung stehende schwarze PIN der Umlenkung an die Steuerkurve an und je nach Stand überträgt er die Einstellung weiter an das innerhalb des Linsensystems liegende Blendenmodul, welches ich zur besseren Darstellung auf den späteren Fotos ausgebaut habe!)
Schön sieht man hier im nächsten Bild den zur Objektivvorderkante weisenden PIN, der dann in die gezeigte Aussparung im installierten Zustand des Blendenmodul greift
Bild #2
Anhang 17981
Nun folgt die Aussparung im Blendenmodul, in die dieser PIN wiederum steckt.. (deinstalliertes Blendenmodul)
Bild #3
Anhang 17982
Oben sieht man in der Aussparung die Lücke in die der PIN greift...(Blendenmodul zur PIN-Seite gewendet)
Vom gezeigten Blendenmodul erhält der schwarze PIN in Bild #3 über eine zur Objektivvorderseite zgewandte Feder seine Rückstellkraft, um sich an die ebenfalls in Bild #3 gezeigte Steuerkurve "anzuschmiegen"..
Hier die Feder für die Rückstellung des PINs um sich an die Kurve zu "pressen".. (vorderansicht des Blendenmoduls, wie es im installierten Zustand sitzt= Feder auf der unzugänglichen Seite= erst nach Entfernen der vorderen Linsen zugänglich!)
Bild #4
Anhang 17983
Dies Feder sorgt also für eine "Vorspannung" der Blende, die normal dauerhaft eigentlich in den geschlossenen Zustand gezogen wird.
Die div. Hebel und Steuerkurven im normalen FD Mount sorgen mit ihrer Funktion eigentlich nur dafür, dass sich die Blende öffnet, aufgezogen wird oder offen bleibt bleibt..
An dieses Blendenmodul kommt man leider aber nur durch die komplette Zerlegung des Objektivs heran...
- Fortsetzung folgt -
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Fortsetzung:
Was bedeutet dies nun praktisch?
Ich öffnete also das Objektiv, um den Umbau zu preparieren.
1. FD Mount runterbauen
2. Einlegeringe aus Gußdruck entnehmen und anschließend alle weiteren Teile herunterbauen..
Dabei stellte sich heraus, dass es sehr weit "rein geht" in das Objektiv.. und die Mitnehmergabel der Blendenplatte sonderbar "schlackerte"..
Und dann zeigte sich das "Übel" auch schnell:
Bild #5
Anhang 17984
Hier zu sehen, ist der Sicherungsring des Canon nFD 1.2/85mm L - oftmals auch Seeger-Ring genanntes Bauteil. Dieses dient dazu, die in Bild #1 gezeigte Steuerkurve für den PIN gegen ein Verrutschen nach oben zu sichern. Dieses Teil kam mir bei der Demontage ebenso wie die Steuerkurvenplatte wackelnd entgegen.
Nachdem ich die Steuerkurvenplatte wieder an den ursprünglichen Ort brachte und mit dem Seegerring sicherte, stellte ich fest, das der schwarze PIN, der ja unter Vorspannung sitzen sollte, ebenfalls keine Funktion mehr hat.. er "schmiegte" sich nicht mehr an die Steuerkurve an.. also ist klar, das irgendwas am Blendenmodul, das von Oben nicht erreichbar ist, ausgehakt, gebrochen oder schlicht irgendwie aus seinen Führungen gesprungen sein muss.
Aus dem letzten Satz geht hervor, dass man mit "normalen" Mitteln nicht an diese Vorspannungsfeder herankommt, ohne nun das Objektiv komplett zu zerlegen!
Ohne einen weiteren Reparatur-Eingriff ist dieses Objektiv künftig nur noch mit Blende 1.2 zu betreiben..
Eine weitere, "grobe" Erschwernis kommt nun noch ins Spiel.. wäre ja auch sonst zu einfach gewesen.. :spitze:
Um für die Analyse und Wiederbefestigung vom Seegering und des Blendenproblems überhaupt so weit in das Objektiv vorzudringen, mussten 6 Schrauben gelöst werden, die dann dafür sorgten, dass die normalerweise im abgenommenen FD Mount sitzenden Kugellager in denen der Blendenübertragungshebel ohne Reibungsverluste läuft, in der Folge aus ihrer Führung in einen ungeordneten Zustand gerieten und sich nicht mehr zurückschieben ließen. Dies allein bedeutet schon einen immensen Zeitaufwand, wenn man nur den defekten Zustand des Objektivs bei einem Rückbau wieder herstellen wollte.
Ich kann nur definitiv davon abraten, ein Objektiv dieses Typs zu kaufen, wenn nicht vorher die Blendenfunktion komplett gecheckt und als in Ordnung befunden ist. Ansonsten das Objektiv gleich retournieren.. es sei denn, der Preis ist absolut heiß.
Da ich gewohnheitsmäßig vor keinem Problem in Sachen Objektivumbauten und Reparaturen mehr zurückschrecke, ergeben sich so folgende Denkvarianten:
1. Weitermachen und Komplettzerlegung des Objektivs um die Blendenfunktion wieder herzustellen, mit all ihren damit verbundenen Risiken !
- hierzu brauche ich Detailinformationen über den inneren Aufbau der Frontgruppe vor dem Blendenmodul.. also wie ist die Sache bei einem Einstieg "von Vorn" aufgebaut
2. Umbau und reiner Betrieb der Optik als "nur" 1.2/85mm ohne jedwede Blendenfunktion
3. langwierige Wiederherstellung des Ursprungszustandes mit den Kugellagern etc.. um dann es dann in eine Canon Werkstatt für die Durchführung der Blendenreparatur zu geben. Wirtschaftlich vermutlich ein NO-GO.. und Canon repariert die alten FD Objektive nicht mehr.. angeblich weil die Ersatzteile fehlen.
Zwischen diesen Optionen muss sich der Besitzer nun entscheiden..
Punkt 1. und 3. werden aber auf jeden Fall sehr zeitintensiv, weil bei 1. zunächst die gesamten Informationen gesammelt werden und die Arbeiten zeitlich umgesetzt sein wollen.. das kann zeitlich ziemlich dauern und eben von mir auch nur sporadisch daran gearbeitet werden..
Ich hege die Hoffnung, das Markus, der ja wohl sein 1.2/85mm L schon umgebaut hat, etwas dazu sagen kann. Soweit ich auf seiner Seite seinen Bericht nachlesen konnte, war er aber im Hinblick auf eine Reparatur leider mit viel zu geringer Detailtiefe dargestellt, so dass ich mit dem vorhandenen nix anfangen kann.
Aber vielleicht ist da ja noch das eine oder andere in Eurem Wissenschatz, dass hier hilfreich sein könnte.
LG
Henry