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Thema: Meopta Stigmar XX 1.1/75mm

  1. #1
    Förderndes Mitglied Avatar von Helge
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    Standard Meopta Stigmar XX 1.1/75mm

    Hier kommt mal wieder eine Objektivvorstellung von der Sorte "exotischer Glasklotz", also sozusagen die Kernkompetenz des DCC:

    Das Meopta Stigmar XX 1.1/75mm

    Was ist das eigentlich für ein Objektiv und wo stammt es her? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht und ich habe auch keine besonders hilfreichen Hinweise im Netz gefunden. Die Bezeichnung "XX" im Namen deutet darauf hin, dass es in irgendeiner Weise Bestandteil von Röntgengeräten war. Nun sind ja die eigentlichen Röntgenstrahlen nicht mit Glaslinsen fokussierbar, so dass ein solches Objektiv nur indirekt an der Darstellung von Röntgenbildern beteiligt gewesen sein kann - möglicherweise zum "Abfotografieren" bzw. filmen von einem Röntgenschirm. Falls jemand mit genauerer Kenntnis solcher Geräte etwas zur Aufkärung beitragen kann, wäre ich daran interessiert.

    Ein paar technische Daten:
    Kameraseitiger Anschluss: nicht definiert, Durchmesser des rückseitigen Tubus abgestuft 39mm und 43mm
    Gewicht: ca. 920g
    Gesamtlänge: 119mm
    Filtergewinde: 74mm
    Blende: f/1.1 nicht abblendbar
    Details zum optischen Aufbau unbekannt

    So sieht es aus in unbearbeitetem Zustand und mit den Modifikationen, die ich für die Adaptierung vorgenommen habe:

    Name:  stigmar75-16.jpg
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    Name:  stigmar75-17.jpg
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Größe:  213,6 KB

    Adaptiert habe ich es an eine Sony A7s indem ich das modifizierte Objektiv in einen fokussierbaren (Doppelhelicoid-)Adapter OM/NEX eingesetzt habe, in den es zufälligerweise ideal passt, so dass man es einfach verklemmen, oder ggf. verkleben oder verschrauben kann.
    Die deutliche Bearbeitung des Tubus und teilweise Entfernung der Rücklinsenfassung war erforderlich, um das Objektiv auch auf größere Entfernungen (bis unendlich) fokussieren zu können. Belässt man es unverändert, ist keine Fokussierung auf Entfernungen > 60cm möglich, da man ansonsten mit den "Innereien" der A7s in Konflikt kommt. Bei anderen Kameras ist das natürlich mit der geboten Vorsicht individuell zu ermitteln. So sieht das ganze dann einsatzbereit aus:

    Name:  stigmar75-15.jpg
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Größe:  212,3 KB

    Name:  stigmar75-19.jpg
Hits: 1116
Größe:  252,0 KB

    Die Streulichtblende war sozusagen gleich dabei, wenn auch in etwas ungewöhlicher Ausführung, nämlich als Gewinderohr, das von außen an der Vorderseite aufgeschraubt werden kann - sehr schwer und massiv ausgeführt und vermutlich Teil des Anschlusses innerhalb des ursprünglichen Apparats:

    Name:  stigmar75-18.jpg
Hits: 1059
Größe:  254,8 KB

    Mit dieser Anordnung kann ich im Abstandsbereich zwischen ca. 30cm und unendlich fokussieren. Allerdings, um diese Hoffnung gleich mal zu enttäuschen, nicht unter vollständiger Ausleuchtung des KB-Format-Sensors:

    Name:  stigmar75-5.jpg
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Größe:  261,5 KB

    Dennoch kann man mit dem Objektiv erstaunliche Bilder machen, wenn man experimentierfreudig ist und etwas Aufwand in die Nachbearbeitung steckt.

    --- Fortsetzung folgt ---
    Geändert von Helge (06.03.2018 um 12:42 Uhr)


  2. #2
    Förderndes Mitglied Avatar von Helge
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    Standard

    Dass dieses zweckentfremdete Objektiv nicht als "normale" Optik einzusetzen ist und nicht mit den normalen Qualitätskriterien zu bewerten ist, wird bei der Benutzung sehr schnell klar. Insofern werde ich hier keine Testfotos im eigentlichen Sinne zeigen sondern ein paar Bilder, die illustrieren welche Effekte man mit diesem Objektiv erzielen kann. Dabei wurden die Bilder jeweils deutlich in den Kontrasten angehoben und jeweils auf ein Format beschnitten, das mir einerseits für das Motiv passend erschien und andererseits die im obigen Beispiel sichbare Vignettierung auf ein erträgliches Maß reduziert oder ganz entfernt.

    Auffällig ist zunächst mal ein extrem unterschiedliches Bokeh je nach Entfernung und je nachdem ob die Highlights vor oder hinter der Schärfeebene liegen. Im Nahbereich eher weich und "klassisch", mit zum Rand hin etwas ungewöhlich aber interessant beschnittenen Highlights:

    Name:  stigmar75-4.jpg
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Größe:  200,7 KB

    Name:  stigmar75-3.jpg
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Größe:  194,8 KB

    Auf Portraitentfernung kann das Stigmar Gesichter sehr schön umschmeicheln, aber man muss höllisch aufpassen, wo der Fokus sitzt - in dem letzten der folgenden Beispiele ist das leider etwas missglückt, ich stelle es wegen der Hintergrundgestaltung trotzdem hier zur Ansicht ein:

    Name:  stigmar75-11.jpg
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Größe:  262,4 KB

    Name:  stigmar75-14.jpg
Hits: 996
Größe:  202,3 KB

    Name:  stigmar75-12.jpg
Hits: 980
Größe:  205,6 KB

    Name:  stigmar75-10.jpg
Hits: 1038
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    Bei etwas größeren Entfernungen fängt das Bokeh dann plötzlich an, umzuschlagen und in den Ecken sozusagen nach außen zu fliehen. Das sieht dann teilweise fast so aus als hätte man während einer Langzeitbelichtung mit einem Zoom die Brennweite verändert. Ein extrem unruhiger Effekt, der bei geeigneten Motiven aber vermutlich sehr spannend sein kann:

    Name:  stigmar75-6.jpg
Hits: 991
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    Name:  stigmar75-1.jpg
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Größe:  254,5 KB

    Ganz kurios wird es, wenn man Objekte oder gar Highlights im Vordergrund, also vor der Schärfeebene hat. Dann bekommt man einerseits im Nahbereich einen geradezu schwindelerregenden Swirl:

    Name:  stigmar75-7.jpg
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    Name:  stigmar75-9.jpg
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Größe:  251,5 KB

    ...und wenn die Entfernung etwas größer ist, absolut bizarr verzerrte Spitzlichter, wie ich sie noch nie bei irgendeiner Optik gesehen habe:

    Name:  stigmar75-13.jpg
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    Fazit: Ein Objektiv, das einen permanent überrascht und das kaum planbare aber häufig hochinteressante Ergebnisse liefert.


  3. #3
    Spitzenkommentierer Avatar von Namenloser
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    Vielen Dank für die ausführliche Vorstellung, Helge!
    Was soll man da sagen - die Bilder, die DU mit dem Glas geschossen hast, sind absolut erstklassig!
    Ich habe sehr selten eine Objektivvorstellung hier gelesen,
    bei der besser gezeigt wird, was man tolles aus einer speziellen Objektiv-Charakteristik herausholen kann.
    Vielen Dank dafür!

    PS: auch die EBV ist wirklich hervorragend!
    Meine Homepage: https://www.nikolaus-burgard.de/
    Instagram: www.instagram.com/nikolausburgard/
    Sony Alpha 7III / 7RIII und ein paar Objektive...

  4. 4 Benutzer sagen "Danke", Namenloser :


  5. #4
    Spitzenkommentierer Avatar von eos
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    Standard

    ..... Irgendwann...... Bekomme ich das hoffentlich auch mal so hin......

    Der Hammer.... Respekt.

    Grüße Claas

  6. Folgender Benutzer sagt "Danke", eos :


  7. #5
    Spitzenkommentierer Avatar von Waldschrat
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    Zitat Zitat von Helge Beitrag anzeigen
    ...
    Die Bezeichnung "XX" im Namen deutet darauf hin, dass es in irgendeiner Weise Bestandteil von Röntgengeräten war. Nun sind ja die eigentlichen Röntgenstrahlen nicht mit Glaslinsen fokussierbar, so dass ein solches Objektiv nur indirekt an der Darstellung von Röntgenbildern beteiligt gewesen sein kann - möglicherweise zum "Abfotografieren" bzw. filmen von einem Röntgenschirm. ...
    Genau so. Röntgenstrahlen bringen Leuchtschirm zum Leuchten (Fluoreszenz).
    Das Objektiv entwirft ein Abbild des Leuchtschirmes auf Film. So wurde das Bild auf Film "verewigt."
    Heute macht man das natürlich ohne Zwischenschritt und ohne Film direkt mit Halbleitersensoren,
    welche je nach Konstruktion auf alle mögliche Strahlung ansprechen, nicht nur sichtbares Licht.

    Mehr Details weiss ich auch nicht.

    Grüße und danke für die tolle Vorstellung!
    Geändert von Waldschrat (03.03.2018 um 22:04 Uhr) Grund: Rechtschreibsfehler getilgt

  8. 3 Benutzer sagen "Danke", Waldschrat :


  9. #6
    Hardcore-Poster
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    Vielen Dank Helge für die dokumentierte Möglichkeit, das Objektiv zu bearbeiten
    und natürlich für die Bilder

    Jetzt fehlt nur noch eine gute Feile.

    Eine Frage hätte ich noch.
    Hast du die hintere Linse vor der Bearbeitung ausbauen können?
    Mit besten Grüßen
    Rico

    FLICKR

  10. #7
    Ist oft mit dabei
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    Hallo Helge,
    faszinierende gute Bilder, die Du zauberst. Eine faszinierende Objektivvorstellung. Sehr beeindruckend.
    Herzlichen Dank!

  11. Folgender Benutzer sagt "Danke", tabs :


  12. #8
    Förderndes Mitglied Avatar von Helge
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    Zitat Zitat von mekbat Beitrag anzeigen
    Eine Frage hätte ich noch.
    Hast du die hintere Linse vor der Bearbeitung ausbauen können?
    Leider nein - ich habe mächtig geschwitzt beim Bearbeiten...

  13. Folgender Benutzer sagt "Danke", Helge :


  14. #9
    Hardcore-Poster Avatar von dorfaue
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    Was soll ich sagen, wieder eine Wahnsinnsvorstellung eines Glasklotzes der Überraschungen, eben typisch Helge.
    Klar, der Reflex "will ich haben" kommt sofort hoch, da Helge nach dem 70ger Meostigmat wieder eine außergewöhnliche Optik ausgegraben hat, vielen Dank dafür.
    Gruß
    Lutz
    Pentax K-x, Sony Nex 6, Canon 5D II nebst einigen AF-Objektiven und v i e l Altglas

  15. Folgender Benutzer sagt "Danke", dorfaue :


  16. #10
    Ist oft mit dabei Avatar von mhiller
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    Zitat Zitat von Waldschrat Beitrag anzeigen
    Genau so. Röntgenstrahlen bringen Leuchtschirm zum Leuchten (Fluoreszenz).
    Das Objektiv entwirft ein Abbild des Leuchtschirmes auf Film. So wurde das Bild auf Film "verewigt."
    Heute macht man das natürlich ohne Zwischenschritt und ohne Film direkt mit Halbleitersensoren,
    welche je nach Konstruktion auf alle mögliche Strahlung ansprechen, nicht nur sichtbares Licht.

    Mehr Details weiss ich auch nicht.

    Grüße und danke für die tolle Vorstellung!
    Genau wie Waldschrat schon sagt und um die Strahlendosis während der Röntgenaufnahme am Menschen möglichst klein zu halten, mussten diese Aufnahmeobjektive sehr lichtstark ausfallen....
    Daher diese Klopper...

    Das mit der Endrohr-Bearbeiten und dem "Wasser schwitzen" kann ich mir lebhaft vorstellen!

    Danke Helge

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