Tamron stellte mir ein 28-300 VC zur Verfügung, welches ich mit meiner Canon 40D über 3 Wochen hinweg testen konnte. Bisher hatte ich an meiner DSLR immer nur Objektive von Canon, wenn es um Objektive mit Bildstabilisator ging. Der Stabilisator vom Canon 70-300 IS ist schon sehr gut, der vom 100-400L noch besser, welcher aber enorm viel Strom frisst (gut und gerne 30% mehr als der vom 70-300 IS). Umso gespanner war ich, als ich endlich das 28-300 VC (Vibrance Compensation) von Tamron in die Finger bekam. Das 28-300 ohne VC kannte ich bereits, weil ich es vor dem 70-300 von Canon immer drauf hatte (damals noch an meiner Canon 350D).

Übersicht des Objektivs

Das 550 Gramm schwere Objektiv, welches mit 67mm Filtern arbeiten kann, bietet eine Lichtstärke von F/3,5 - 6,3 - nicht sonderlich lichtstark, aber das war das normale 28-300 auch nicht. Obowhl die Bezeichnung "Macro" mit im Namen steckt, bietet das Objektiv nur einen Abbildungsmaßstab von 1:3 - natürlich kein Ersatz für ein richtiges Makro-Objektiv, aber 1:3 ist nicht sooo doll. Der Mindestabstand zum Motiv muss 49 cm betragen, maximal Blende 22 kann eingesetzt werden. Die Länge des Objektivs im eingefahrenen Zustand beträgt rund 10cm; somit ist es angenehm kurz, fährt aber sehr weit aus, um die vollen 300mm Brennweite zu erreichen.
Eine Sonnenblende wird mitgeliefert, ein Schutzbeutel hingegen nicht.

Das 28-300 VC ist derzeit (Januar 2008) nur für Canon und Nikon (außer D40/D40x) verfügbar. Ich bin mir aber sicher, dass Pentax und die anderen Nikon-Modelle noch folgen werden, wenn das 28-300 VC zum Kassenhit wird.

Die Verarbeitung an sich ist Tamron-typisch gut. Der Zoomring hat einen angenehmen Widerstand, der Stabiliator lässt sich ein- und ausschalten, ebenso kann man zwischen AF und MF umher schalten. Der Lock-Schalter verhindert ein Ausfahren des Objektivs bei 28mm Brennweite.

Ein Problem gibts aber anscheinend bei einigen Modellen der Serie aus dem Dezember. Unser Mitglied "Uwe" aus dem Forum berichtete mir, dass sein 28-300 bei leichter Neigung (z.B. auf dem Stativ) weiter ausfährt, also die Brennweite verlängert und nicht fest bei seiner gewünschten Brennweite stehen bleibt. Ich hatte Rücksprache mit Tamron gehalten; Uwe kann das Objektiv auf Gewährleistung einschicken.
Ich habe mir daher noch genauer das Test-Objektiv angesehen - von alleine fuhr es im 45°-Winkel nicht aus, aber bei leichten Bewegungen (z. B. wenn man das Stativ ein wenig umher rückt) fuhr auch bei mir der Tubus einige cm aus... das ist nicht gut.

Die Bildqualität an sich ist gut. Zum Thema Stabilisator komme ich gleich gesondert.
Die Farben sind natürlich, stellenweise aber etwas zu hell. Die Schärfe ist im Bereich 50-200mm sehr gut, zum Ende hin abnehmend. Dies ist bei solch einer großen Brennweite aber auch keine Überraschung. Der Qualitätsverlust ist deutlich sichtbar, wenn man mit einem 70-300 oder so vergleicht.

Aber zum Immerdrauf-haben reicht es sicherlich aus, wobei ich dennoch bei voller Brennweite ein Stativ empfehlen würde, dazu gleich mehr.

Der Stabilisator: "sehr gut" ist anders

Ich kannte bisher nur Stabilisatoren in Objektiven von Canon. Es ist das erste Mal, dass ich ein Objektiv nutze, was einen Stabi hat und nicht von Canon kommt. Dementsprechend neugierig ging ich an die Sache ran.
Mir fiel sofort auf, dass der Stabi nach dem Vorfokussieren regelrecht einen Satz macht. Das Bild zittert einmal deutlich sichtbar, ehe das Bild stabilisiert ist. Die Stabilisierung ist recht ordentlich, kann qualitätstechnisch mit einem Canon bisher aber nicht mithalten.
Auch fiel mir auf, dass der Stabi (welcher nur einen Modus hat, Mitzieher sind aber dennoch auch mit Stabi möglich!) bei längerer Fokussierung immer mal wieder "zuckt" - er stellt sich nach, was bei Canon bei mir jedoch nicht auftrat (zumindest war es nicht so krass sichtbar wie hier beim Tamron).

Auch schafft es der Stabi nicht, die vollen 300mm Brennweite bei guten Lichtverhältissen ruhig zu halten. Viele meiner Bilder waren verwackelt (die Belichtungszeit lag bei etwa 1/200s bis 1/250s -> das muss der Stabi schon hinbekommen).

Weiterhin auffällig war der Autofokus. Oftmals saß er bei 300mm nicht, was sicherlich ebenfalls zur Unschärfe führt.

Nicht falsch verstehen, der Stabilisator hat sicherlich seine Daseinsberechtigung, aber "sehr gut" ist er keinesfalls, wenn man die 300mm aus der Hand machen möchte.

Verzerrungen / Verzeichnungen / Vignettierung

Bei dieser großen Brennweite (was bei meiner 40D immerhin 44,8mm x 480mm entspricht) gibt es natürlich sichtbare Einbußen. Die Vignettierung hält sich allerdings in Grenzen, die Verzeichnungen bei 28mm sind jedoch deutlich sichtbar (Architekturaufnahmen mit diesen 28mm "Weitwinkel" erfordern hinterher Bearbeitung am PC, um die stürzenden Linien zu korrigieren!). Wer aber hauptsächlich den Brennweitenbereich 50-200mm nutzt, der bekommt dementsprechend gute Bilder hin. Scharf und farbneutral, nicht so übersättigt wie andere Objektive aus der Tamron-Reihe.

Ich würde das 28-300er hier mit "gut" bewerten, da sich der Käufer sicherlich von vornherein darüber im Klaren ist, dass es nicht das Nonplusultra-Objektiv sein kann.

Preis

Das Objektiv liegt preislich bei rund 475 Euro (Canon-Anschluss).
Für mein Empfinden derzeit noch zu teuer für die Leistung, die es bringt.
Wenn es sich bei etwa 400 Euro einpendelt, sollte man zuschlagen. Ansonsten würde ich eher auf das Tamron 17-50/2.8 (alternativ Sigma 17-70/2.8) zusammen mit dem Canon 70-300 IS setzen, das wird im Endeffekt die besseren Bilder geben!

Fazit

Tamrons Versuch, auf den Markt der Objektive mit Stabilisatoren einzudringen ist lobenswert. Als gescheitert würde ich es nun nicht bezeichnen, wer nun nicht die Über-Fotos machen möchte und denkt, mit dem Stabi schafft man alles, der wird mit dem Teil zufrieden sein.
Mir persönlich ist es noch zu teuer und die Bildqualität bei 300mm (die ich doch des Öfteren wirklich auch einsetze) zu schlecht. Wer aber hauptsächlich mit 50-200mm fotografiert und nur selten auf die vollen 300mm gehen muss, dem ist das Objektiv für einen Test durchaus zu empfehlen.

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