Für die Verwendung von Vergrößerungsobjektiven am VNEX-System kann man sich im Prinzip die gleichen Gedanken über das Bildformat machen wie bei der Verwendung "normaler" Objektive. Objektive, die einen zu kleinen Bildkreis abdecken, sind in der Regel nicht sinnvoll, aber auch Objektive, die einen deutlich zu großen Bildkreis abdecken, sind nicht immer sinnvoll, da sie normalerweise für geringere Auflösungen gerechnet sind und bei gleichen "Eckdaten" größer und schwerer. Die Sony NEX hat eine Sensorgröße von 23,5*15,6mm und das ist ziemlich genau das klassische Halbformat (24*18mm). Was liegt also näher, als Vergrößerungsobjektive für Halbformat am VNEX-System auszuprobieren?
Aus Neugier in diese Richtung habe ich mir ein Exemplar des F. Zuiko E 2.8/38mm besorgt, das einen ziemlich guten Ruf als eines der schärfsten Halbformat-Vergrößerungsobjektive besitzt. Das "E" im Namen steht für "Enlarger", das "F." vor dem Zuiko deutet auf einen Sechslinser, also für ein Vergrößerungsobjektiv ein ungewöhnlich großer Aufwand.
Nun muss ich aber leider vorwegschicken, dass ich das Zuiko bisher noch nicht mit dem VNEX-System zusammenbekommen habe. Trotz des M39-Gewindes und eines grundsätzlich kompatiblen Auflagemaßes scheitert es daran, dass der Bereich direkt hinter dem Gewinde mit 36mm Durchmesser zu dick ist, um so einfach in den Tubus des VNEX eintauchen zu können. Das scheint mir aber kein unüberwindliches Hindernis zu sein und ich habe erst einmal mit M39-Zwischenringen verschiedener Stärke improvisierte Bilder an der NEX-5N gemacht, um zu schauen, ob es sich lohnt, etwas Aufwand in die Adaptierung zu stecken.
So sieht das Zuiko aus:
Die Daten, die ich ermitteln konnte:
Kameraseitiger Anschluss: M39
Auflagemaß: 49 mm (Herstellerangabe)
Gewicht: 80 g (Herstellerangabe: 90 g)
Baulänge ab Auflagefläche: 15.5 mm
Filtergewinde: keines
Blende 2.8 -16 in ganzen Stufen
Preset-Blende
5 Blendenlamelllen
6 Linsen in 5 Gruppen
Linsenschnitt unbekannt (Gausstyp)
Hier das mitgelieferte Datenblatt:
Wie aus dem Datenblatt hervorgeht, ist das Objektiv von der optischen Rechnung her auf eine maximale Blendenöffnung von f/2.0 ausgelegt, aber durch eine (deutlich sichtbare) Ringblende auf f/2.8 "reduziert". Das soll dazu dienen, eine perfekte optische Leistung schon bei Offenblende zu gewährleisten. In der Praxis sieht das so aus:
Vignettierung und Verzeichnung = Null
f/2.8
Die Randschärfe verbessert sich noch minimal von f/2.8 nach f/5.6 aber die Kontraste und die Mittenschärfe sind fast identisch und auf einem sehr hohen Niveau:
f/2.8
f/5.6
f/5.6, 100%-Ausschnitt vom Rand
Sehr beeindruckend ist die praktisch vollständige Abwesenheit von Quer-CAs selbst im Randbereich, und zwar sowohl bei Offenblende als auch leicht abgeblendet (kleinere Blenden als f/5.6 habe ich bisher noch nicht getestet).
f/2.8
f/2.8, 100%-Ausschnitt aus der rechten oberen Ecke
Speziell bei diesem letzten Ausschnitt grüble ich gerade vergeblich, ob ich schon ein 35mm-Objektiv vor der Kamera hatte, das bei Offenblende bis in das letzte Eck so sauber abbildet. Na ja, vielleicht ein für KB-Format gerechnetes Elmarit am Crop-Sensor. Aber die Leistung des Zuiko finde ich schon sehr beeindruckend. Auch das Bokeh ist sehr angenehm, ohne Unruhe und ohne Kringel oder sonstige Störungen. Hier ein paar Bilder bei diesigem Regenwetter:
f/2.8
f/2.8, 100%-Ausschnitt
f/2.8
f/2.8
Im Nahbereich scheint mir das Objektiv sogar noch einen Tick stärker zu sein als auf größere Entfernung, aber das muss ich noch bei besserem Licht genauer unter die Lupe nehmen, genauso wie die Frage nach dem Verhalten im Sonnenschein bei Glanzlichtern oder hohen Kontrasten. Aber zumindest mit Lampen und Glanzlichtern "indoor" ist es mir nicht gelungen, Farbsäume oder Überstrahlungen zu provozieren.
f/2.8
f/2.8
Mein vorläufiger Eindruck ist auf jeden Fall, dass es sich hier lohnt, etwas Gehirnschmalz für die Adaptierung ans VNEX-System zu investieren, denn die Offenblendleistung bis in die Winkel des Sensors ist wirklich überzeugend. Das ist keinesfalls eine "Effektlinse" oder eine reine Spielerei sondern ein wirklich hochwertiges, für sehr viele Situationen nutzbares Objektiv, das sich zudem mit der Presetblende angenehmer steuern lässt, als die meisten anderen Objektive, die entweder komplett manuell sind oder eine an der NEX nicht funktionierende Automatikblende haben. Vom Auflagemaß her sollte es theoretisch funktionieren, und besonders attraktiv wird das Zuiko 2.8/38mm durch die Tatsache, dass man im Bereich der Vergrößerungsobjektive ansonsten kaum eine Chance hat, den Bereich der Normalbrennweite am APS-C-Sensor abzudecken.