Zitat von
optikus64
Hallo,
das kann man von der Begrifflichkeit so nicht stehen lassen, auch wenn vielleicht erkennbar ist was gemeint wird:
Der Sensor liefert eine Matrix aus Luminanzdaten (Helligkeitswerten) der einzelnen Pixel, die insgesamt durchaus ein Bild ergeben. Bei Farbsensoren enthält diese Matrix auch keine Umrechnung in Farbwerte, so dass man durchaus von einem digitalen "Negativ" als Wortbegriff für eine Art Urbild sprechen kann.
Wenn ich keine Korrekturwerte angebe läßt sich daraus durch Faltung (=reversible mathematische Verrechnung) ein Farbbild bzw. bei entsprechender Arithmetik ein Schwarzweissbild umsetzen, so wie ich aus einem Negativ durch eine Standardbelichtung ein Positiv erzeugen kann.
In wie fern dieses Ergebnis dann dem Seherlebnis entspricht, dass ich von dem Motiv hatte und das meinem "Inneren Auge" als erwartetes Ergebnis des Bildes entspricht ist eine andere Frage. Dem Grunde nach stellt aber rein technisch das RAW eben dieses Negativ dar und damit ein vollständiges Bild. Was darin nicht enthalten ist kann ich allenfalls willentlich durch eine elektronische Bildverarbeitung hinzufügen - was im engeren Sinne dann aber bereits ein inhaltliches Verändern des Bildes darstellt. Alle anderen EBV-Schritte wie Farb-, Helligkeits- und Kontrastkorrektur, partielle Belichtungsanpassung etc. vollzieht nach, was ich am richtigen Lichtbild im Labor nachvollziehen kann oder was mir beim Aufnahmevorgang ansonsten Filter liefern.
Ich denke man muss an dieser Stelle darauf verweisen, das Fotografie Kunst UND Handwerk ist. Auf der einen Seite erzeugen wir rein technisch einen Bildträger, entweder auf Film oder digital. Letztlich endet damit die handwerkliche Bearbeitung der Bilderzeugung, alles danach, also die Fortführung des schöpferischen Prozesses zu einem Endprodukt, das unserer individuellen Darstellung des Motivs entspricht, ist ein selbständiger schöpferischer Prozess, für den die Technik eher weniger verantwortlich ist als die Fähigkeit des Künstlers, seinem Anspruch Ausdruck zu verleihen. Und das ist gut so, ansonsten wäre ausschließlich die technische Qualität des Aufnahmegeräts für das Ergebnis ausschlaggebend und der Fotograf nur schmückendes Beiwerk am hinteren Ende der Kamera, eine leicht erschreckende Vorstellung.
J.